Frau im Sozialismus

Die Emanzipation der Frau im Sozialismus - Theorie und Praxis

von Kirsten Knaack

Politische Partizipation von Frauen in der DDR

Im politischen System der DDR war nicht vorgesehen, Entscheidungen auf verschiedenen Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen. Beteiligung von einzelnen Personen oder Gruppen an allgemeinen Angelegenheiten fand nur im Rahmen des „Demokratischen Zentralismus“ statt, zu dem die SED und die Blockparteien (CDU, LDPD, NDPD, DBD) sowie „gesellschaftliche Organisationen“ (FDGB, FDJ, Kulturbubd, Demokratischer Frauenbund etc.) gehörten. Das bedeutete, daß Entscheidungen in einer Hierarchie getroffen wurden, bei der den verschiedenen Gruppierungen Kompetenzen zugewiesen wurden; unter Anerkennung der SED als führendes Organ. Dadurch wurden unter einer einheitlichen Leitung Opposition und Pluralismus ausgeschlossen. Hierdurch wurde auch die Partizipation der Frauen beeinflußt (und beschränkt).
Leitbild der politischen Partizipation der Frau in der DDR war, daß durch ihre Erwerbstätigkeit nicht nur ihre Gleichberechtigung gesichert sei, die Frau helfe dadurch auch, die Wirtschaft des Landes zu stärken und damit die DDR aufzubauen und zu stabilisieren.
1949 wurde in den Abteilungen der Parteileitungen eine Frauenbeauftragte eingeführt, allerdings nicht zum Zweck der Interessenvertretung von Frauen, sondern zum Zweck der Konzipierung und Realisierung im Sinne der Partei.
Die Verpflichtung einer Mindestvertretung von Frauen in Parteivorständen und Sekretariaten der SED von 1946 wurde 1950 gestrichen, weil sie ein Hindernis für die stalinisierte demokratisch. zentralistische Kaderpolitik darstellte. Als sozialdemokratisches Relikt störte sie sowieso.
In den Grundqualifikationen in Bildung, Beruf und öffentlichem Leben (politisch weniger qualifizierte Mitgliedschaften in FDGB und FDJ) war die Geschlechtsverteilung etwa 50:50: Je höher mensch zur Leitungsebene stieß, desto deutlicher wurde jedoch die Unterrepräsentanz von Frauen. So war die Frauenquote im ZK der SED z. B. nie über 15%. Frauen nahmen dann auch eher Funktionen von Ideologen und Organisationsspezialisten (eine weibliche Schreibweise war in der DDR nicht vorhanden) ein.
Im Rahmen des FDGB (4,5 Millionen Frauen waren dort organisiert) gab es betriebliche Frauenausschüsse, die das hauptsächliche Ziel hatten, im Sinne der SED Mutterschaft und Beruf vereinbaren zu helfen. Frauenspezifische Fragestellungen wurden real nicht angegangen.
Der DFD (1,4 Millionen Mitglieder) galt als „sozialistische Massenorganisation“, desen Mitgliederinteressen in der Regel dem zu vermittelnden „sozialistischen“ Weltbild gegenüberstanden. Im DFD waren meist keine SED- Mitglieder organisiert, die Leitungspositionen wurden jedoch von der SED ausgefüllt.
Vom DFD sollten jene Frauen angesprochen werden, die nicht von der SED oder dem FDGB erreicht werden konnten (z.B. Hausfraen, christliche Frauen). Das Ziel war, die Verbundenheit mit der DDR zu festigen und den Frauen ihre Verantwortung für den „Frieden und Sozialismus“ deutlich zu machen.
Dem Wohngebietsprinzip folgend, fanden seitens des DFD seit Beginn der 50er Jahre folgende Aktivitäten statt:
- Werbung und Mobilisierung für Berufstätigkeit
- seit den 70er Jahren partiell Teilnahme an Vorbereitung und Diskussion der Volkswirtschaftspläne
Der DFD hatte jedoch keinen Einfluß auf die arbeitstechnischen Problemstellungen der Frauen (hier war theoretisch der FDGB zuständig), was ihm einen großen politischen Bedeutungsverlust einbrachte.
Am Ende zu erwähnen sei hier noch die nichtstaatliche Frauenbewegung, die gerade innerhalb der Wendezeit größeren Einfluß erlangte.
Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre entstanden viele informelle Gruppen, die sich mit Fragen der Ökologie, des Friedens, des Antimilitarismus u. a. beschäftigten. Hierzu gehörten viele Frauengruppen. Sie trafen sich außerhalb der öffentlichen Politik, meist innerhalb der evangelischen Kirche.


SED: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
CDU: Christlich- Demokratische Union
LDPD: Liberaldemokratische Partei Deutschlands
NDPD: Nationaldemokratische Partei Deutschlands
DBD: Demokratische Bauernpartei Deutschlands
FDGB: Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
FDJ: Freie Deutsche Jugend
DFD: Demokratischer Frauenbund Deutschlands

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